Erfolg macht träge – behauptet der Volksmund. Es scheint, als würde der Automobilkonzern mit dem größten Forschungsetat genau dieser Trägheit zum Opfer fallen. Der Volkswagen-Vorstandsvorsitzende pflegt den Nimbus, er würde sich um jede Zierleiste eines neuen Modells persönlich kümmern. Auf den jährlichen Automobilmessen wurde dies für die Presse immer wieder neu und anschaulich inszeniert.
Gleichzeitig soll der bestbezahlte deutsche Vorstandsvorsitzende nicht davon gewusst haben, dass elf Millionen Fahrzeuge manipuliert wurden, um Abgaswerte vorzutäuschen, die es nie gab. Auch eine Rückrufaktion in Amerika zu genau dieser Ursache, hätte dann spurlos an ihm vorbeilaufen müssen. Aber hier geht es nicht (nur) um persönliche Verantwortung. Es geht um ein System, das solche Fehlentwicklungen zulässt oder sogar befördert. Und das hat wiederum mit Kommunikation zu tun.
In Zeiten anhaltenden Erfolges werden Hinweise auf Fehler, Fehlentwicklungen, Gefahren automatisch zu Störern. Die FAZ vermutet: „Die unbequemen Fragen werden nicht gestellt… Mitarbeiter, die Fehler auch nur melden, werden im Zweifel eher dafür bestraft als belohnt.“ Die Interne Kommunikation wird von jedem kleinsten Störfaktor befreit. Eine Kultur der Nein-Sager ist nicht gewollt. Bei VW nimmt dieser Fehler jetzt globale Ausmaße an – und kann ökonomisch im Fiasko für den Konzern und seine Shareholder enden. Dass sich Winterkorn und noch stärker sein ehemaliger Chef Piech zu Lichtgestalten von Ihren Kommunikations-Profis stilisieren ließen, mag ihrem Ego schmeicheln. Die Mischung aus Jasager-Kultur intern und Superstar-Attitüden im Auftritt der Chefs ist hochexplosiv. Unfehlbarkeit gibt bekanntlich nicht einmal in der Katholischen Kirche. Ein Lehrstück dafür, wie Fehlentwicklungen bei der Corporate Governance, der internen Kommunikation und der Personality-PR, die allesamt als „weiche“ Faktoren (weil ökonomisch vermeintlich nicht relevant) im Kommunikationsranking auf die hinteren Plätze verwiesen werden, einen Weltkonzern ins Wanken bringen können.